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Floater-Patienten: Deutliche Besserung nach Vitrektomie

Düsseldorf/Nürnberg - Floater-Patienten profitieren in hohem Maß von einer Vitrektomie. Das geht aus der Auswertung einer „Floater-Studie“ hervor, an der sich sieben im OcuNet Verbund organisierte Intersektorale Facharztzentren beteiligten. Die Veröffentlichung dazu wurde aktuell von der Zeitschrift „Graefe's Archive for Clinical and Experimental Ophthalmology“ online gestellt.

Die mithilfe eines spezifischen Fragebogens gemessenen subjektiven Beeinträchtigungen von Floater- Patienten waren postoperativ stark rückläufig. Selbst Komplikationen minderten aus ihrer Sicht den Nutzen des Eingriffs nicht. Aus augenärztlicher Sicht stellt die Operation für Floater-Patienten mit entsprechendem Leidensdruck eine sehr erfolgreiche Behandlung dar. Entscheidend ist jedoch, in Frage kommende Patienten umfassend zu beraten und das Für und Wider ergebnisoffen zu erörtern.

Floater-Studie: sechs Termine, ausreichend Bedenkzeit

In die Studie wurden von den sieben Studienzentren 69 Patienten eingeschlossen, die sich aufgrund von Floatern eine Vitrektomie wünschten. Die von den Betroffenen als Punkte, Würmchen, Fliegen oder Wolken wahrgenommenen Trübungen des Glaskörpers fallen vor allem auf hellen, unstrukturierten Flächen und im Frühsommer auf. In einem ersten Schritt wurden potentielle Patienten umfangreich aufgeklärt und erhielten zwei Monate Bedenkzeit, um sich in Ruhe zu entscheiden. Blieben sie bei ihrer Entscheidung zum Eingriff, wurden sie beim zweiten präoperativen Termin in die Studie eingeschlossen. Nach der Vitrektomie wurden die Studienpatienten noch drei Mal gesehen: direkt nach dem Eingriff, drei Monate später sowie zwölf Monate später.

77 Prozent weniger subjektive Beeinträchtigung

Das subjektive Beeinträchtigungsbild der Patienten wurde mit einem für Floater spezifischen Fragebogen erfasst. Viele der Studienteilnehmer empfanden ihre präoperative Beeinträchtigung als erheblich. Der auf Basis der Befragungsergebnisse berechnete Beeinträchtigungsindex fiel bei den bis zum Schluss betreuten 62 Patienten von 44 % präoperativ auf 11 % nach einem Jahr (Median). Das entspricht einem relativen Rückgang des Index in der Zeit vor dem Eingriff bis drei Monate danach um im Median 69 Prozent und bis zwölf Monate danach um 77 Prozent. Die Studienpatienten wiesen – wie bei Floater-Patienten üblich – präoperativ alle gute Visuswerte auf dem Studien- wie dem Partnerauge auf. Augenlänge und Augeninnendruck des Studienauges waren physiologisch.

„Floater sind ein häufiges Phänomen“, betont Studienleiter Prof. Klaus Ludwig, Ober Scharrer Gruppe in Nürnberg. „Augenärzte wissen, dass Floater für Patienten oft lästig sind. Doch weil deren Sehschärfe normalerweise gut ist und die Vitrektomie jahrzehntelang ein großer Eingriff mit Risiken war, empfahlen wir sie eher nicht. Es gibt aber Patienten, die sehr stark unter Glaskörpertrübungen leiden. Sie sehen keine kleinen Fussel, sondern fast immer größere bewegliche Gebilde, auf die sie sich nur schwer einstellen können. Wenn sie durch das zentrale Sehfeld ziehen, können sie tatsächlich für mehrere Sekunden die Sehschärfe mindern, was wir mit unseren Standard-Sehschärfetests jedoch nur schlecht erfassen. Für diese Gruppe von Patienten wollten wir erforschen, ob und wie wir ihnen durch Vitrektomie helfen können. Mittlerweile ist dieser Eingriff minimal-invasiv vorzunehmen und deshalb schneller und risikoärmer. Aber gut abwägen sollte man ihn immer noch.“

Die bei nahezu allen Studienpatienten gemessene Restbeeinträchtigung nach Vitrektomie hat mehrere Gründe. So wurde die Vitrektomie in der Studie nur bis zum Äquator durchgeführt. Aufgrund des Alters der Patienten ist zudem von anderen altersbedingten Veränderungen am Auge auszugehen. Außerdem unterschieden nicht alle Patienten bei ihren Antworten zwischen ihrem operierten und ihrem nichtoperierten Auge. „Umgekehrt war überraschend, dass sich bei den meisten Patienten andere Beschwerden wie Leseprobleme in der Nähe oder erhöhte Blendung besserten, obwohl wir hieran nichts korrigiert haben“, so Ludwig. „Daraus schließen wir, dass Glaskörpertrübungen nicht immer nur lästig sind, sondern tatsächlich Probleme beim Lesen oder beim Kontrastsehen verstärken können.“

Einschätzungen der Patienten und der Augenärzte zum Schweregrad korrelierten Die untersuchenden Augenärzte mussten präoperativ das Ausmaß der Floater auf dem Studien- und dem Partnerauge anhand einer Skala beurteilen („kein Floater“, „gering“, „mäßig“, „erheblich“, „massiv“). Bei zwei Drittel der Patienten wurde das Ausmaß der Floater auf dem Studienauge als „erheblich“ oder „massiv“ beurteilt. Bei den ärztlichen Untersuchungen bestätigte sich zudem, dass Floater nur selten in beiden Augen symmetrisch auftreten. Die subjektive Beeinträchtigung, die die Patienten zu Anfang angaben, korrelierte mit der Einschätzung der untersuchenden Augenärzte zum Schweregrad.

Spezifischer Floater-Fragebogen für subjektives Beeinträchtigungsbild

Um die subjektiven Beeinträchtigungen von Patienten quantifizieren zu können, wurde der Visual Quality of Life questionnaire (VQoL) für dieses Krankheitsbild modifiziert. Die Studienteilnehmer konnten zu jeder der 14 Einzelpositionen zwischen sechs Antwortoptionen wählen, die die Bandbreite von „keine Beeinträchtigung“ bis „maximale Beeinträchtigung“ abbildeten. Über alle Fragebogenpositionen wurde ein Gesamtindex ermittelt, Detailanalysen erfolgten entlang von sechs Subindices. „Im Fokus dieser Erhebung steht die Quantifizierung des subjektiven Leidensdrucks von Floater-Patienten. Das ist Neuland in der wissenschaftlichen Diskussion. Aber gerade bei diesem mit ophthalmologischen Mitteln schwer zu fassenden Krankheitsbild ist es wichtig, die subjektive Sicht des Patienten besser kennenund nachvollziehen zu lernen“, erläutert Dr. Ursula Hahn, Geschäftsführerin des OcuNet Verbundes. Konzeption, biometrische Planung und Auswertung wurden wesentlich mitgetragen von Prof. Frank Krummenauer, Leiter am Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie; Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke.

Hohe Zufriedenheit selbst bei Komplikationen

Komplikationen traten in acht Fällen und damit in dem Rahmen auf, der auch in der Literatur berichtet wird. Sie waren alle nicht visusreduzierend. In sechs Fällen wurden intraoperative Netzhautforamina gemeinsam mit einer operativen Abhebung der hinteren Glaskörpergrenzmembran dokumentiert. Zum Drei-Monats-Zeitraum wurden zwei Netzhautablösungen erfasst. Frühestens nach der Drei-Monats- Untersuchung durfte eine Kataraktoperation durchgeführt werden. Der Einfluss der postoperativen Linsentrübung auf die visuelle Rehabilitation zu diesem Untersuchungszeitpunkt war erkennbar: Im Nachgang wurde eine Kataraktoperation bei 38 % der Patienten mit präoperativen phaken Studienaugen ohne Katarakt durchgeführt. Interessanterweise gaben gerade die Patienten, bei denen es Komplikationen gegeben hatte, am Ende eine deutlichere Reduktion der Beeinträchtigungen an als andere.

Bei 6 Patienten hat sich die mit dem Fragebogen erhobene Beeinträchtigung nur geringfügig reduziert oder ist sogar stärker geworden. Ursachen dafür ließen sich nicht herausfiltern. Ursprünglich sollte die Rekrutierung für die Studie nach einem Jahr abgeschlossen sein. Faktisch wurden daraus vier Jahre. Diese erhebliche Verlängerung hatte jedoch nachvollziehbare Ursachen: Einige Patienten brachte die ausführliche individuelle Aufklärung von ihrem Vorhaben ab. Andere nahmen eine bereits erkennbare Linsentrübung zum Anlass, sich lieber für einen kombinierten Eingriff zu entscheiden. „Man muss sich mit jedem einzelnen Patienten und seinem Beschwerdebild sorgfältig befassen“, betont Studienleiter Ludwig. „Vitrektomie sollte eine Einzelfallentscheidung bleiben, trotz unserer sehr guten Studienergebnisse. Auch ist im Versorgungsalltag abzuwägen, ob man die Trübungen vielleicht erst dann absaugt, wenn sowieso eine Operation wegen Grauen Stars notwendig wird.“

Eine Alternative zur Vitrektomie können für einen Teil der Patienten auch neue Laserverfahren sein. Grundsätzlich sollte man Patienten immer eine ausreichend lange Bedenkzeit vor einem Eingriff anbieten. „Auch Risiken für eine Netzhautablösung oder Ähnliches sind abzuklären“, erläutert Ludwig. „Der Fragebogen, den wir entwickelt haben, gibt im Übrigen eine gute Hilfestellung zur gemeinsamen Entscheidungsfindung. Wir haben zudem festgestellt, dass viele Patienten sehr erleichtert sind, wenn man ihre Beschwerden ernst nimmt und ihnen die Hintergründe genau erklärt. Etliche sagen: “Dann warte ich einfach noch einmal ab.“

  • Hahn U, Krummenauer F, Ludwig K (2018): “23G pars plana vitrectomy for vitreal floaters: prospective assessment of subjective self-reported visual impairment and surgery-related risks during the course of treatment.” Graefe's Archive for Clinical and Experimental Ophthalmology (2018) 256:1089–1099.
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