Pressemitteilungen 2015
Belegarztwesen wird zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zerrieben –
Eine Gruppe renommierter Autoren setzt sich mit Entwicklung und Einflussfaktoren auseinander
Düsseldorf, im September 2015
Für die in der OcuNet Gruppe zwischen den traditionell ausgerichteten Praxen und den Kliniken verorteten augenchirurgischen Zentren passt die Bezeichnung „Versorgungsinnovateure“ ganz gut: Durch Zweigpraxen und Kooperation einerseits und intersektorale Versorgungsstrukturen andererseits tragen sie erfolgreich dazu bei, die augenmedizinische Unterversorgung in der Fläche abzufedern und der Fragmentierung von Leistungen ein ganzheitliches Versorgungskonzept entgegen zu stellen. Der druckfrisch vorgelegte OcuNet Jahresbericht 2014 dokumentiert die Entwicklung an den verschiedenen Stellgrößen der Versorgungsorganisation und gibt Einblicke in die augenmedizinische Arbeit der Zentren.
Die unzureichende Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung gilt als eine der ganz großen Baustellen des deutschen Gesundheitswesens. Viel Geld und Energie wurde und wird in Versuche gesteckt, mit vor allem am Krankenhaus angesiedelten neuen Strukturen diese Grenze zu überwinden. Die einzige langjährig etablierte und funktionierende Form der sektorenintegrierenden Versorgung, das Belegarztwesen, findet jedoch paradoxer Weise kaum Beachtung. Verschärfend kommt hinzu, dass die jeweils nur auf eine der beiden Versorgungsebenen ausgerichteten Rahmenbedingungen das Belegarztwesen schleichend beschädigen. Eine gemischte Autorengruppe mit Vertretern der OcuNet Gruppe, des Bundesverbands der Belegärzte (BdB) und des Bundesverbands für Ambulantes Operieren (BAO) hat sich in einer wissenschaftlichen Arbeit (1) mit der Entwicklung wesentlicher Kennziffern und den mutmaßlichen Einflussfaktoren auseinander gesetzt. Es sei dringend erforderlich, das Belegarztwesen in der berufspolitischen Diskussion um die sogenannte Sektorengrenze in den Fokus zu nehmen, so ihr Fazit.
Ein weiteres Kernelement der Versorgung in den Zentren der OcuNet Gruppe: Zwischen ambulanter und stationärer Versorgung schlagen sie eine Brücke. Mit ambulanten konservativen und operativen Kapazitäten sind viele von ihnen räumlich an Krankenhäusern angesiedelt, an denen sie auch als Belegärzte tätig sind. Als selbstständige Abteilung und intersektorales Zentrum bieten die OcuNet Zentren an den Krankenhäusern eine friktionsfreie Versorgung aus einer Hand über die ganze Bandbreite des Fachs an.
Auf Basis von öffentlich zugänglichen Datenquellen (Statistisches Bundesamt, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) wurden strukturelle Kenngrößen im Zeitablauf analysiert. In der Zeit von 2005 bis 2012 entwickelten sich die Fall-, Betten- und Arztzahlen in Belegabteilungen und Hauptabteilungen gegenläufig: die Hauptabteilungen wuchsen nach Fall- und Arztzahlen, während sie in den Belegabteilungen rückläufig waren. Die Bettenzahl sank in den Belegabteilungen deutlich stärker als in Hauptabteilungen. Alle Fächer mit belegärztlichem Fokus (Hals-Nasen-Ohrenmedizin, Augenheilkunde, Urologie, Orthopädie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Chirurgie, Neurologie, Neurochirurgie, plastische Chirurgie und Nuklearmedizin) zeigten die gleichen Trends, allerdings mit z.T. erheblichen Unterschieden bezogen auf das Ausmaß.
Frau Dr. Ursula Hahn, Geschäftsführerin der OcuNet Gruppe, erläutert die Hintergründe: „Die ungünstigere Entwicklung des Belegarztwesens ist ein unbeabsichtigter Nebeneffekt der selektiv entweder für den ambulanten oder den stationären Sektor vorgesehenen Anreize. Für das Krankenhaus ist eine Versorgung in der Hauptabteilung und für den Vertragsarzt eine ambulante Operation finanziell und organisatorisch attraktiver.“ Außerdem wird das Leistungsspektrum, das Belegärzte erbringen könnten, durch die Gebührenordnung für Vertragsärzte künstlich beschränkt. Dieses ist ein weiterer Grund. Die Logik des einzelnen Krankenhauses bzw. des einzelnen Arztes ist nicht mit der gesundheitsökonomischen Perspektive identisch: Eine Versorgung in der Hauptabteilung ist regelhaft deutlich teurer als in der Belegabteilung. Die Autoren diskutieren weitere Einflussfaktoren der Entwicklung: die Kooperation zwischen Belegärzten und Krankenhäusern ist oft komplex, außerdem fehlt dem Belegarzt als Intermediär der Versorgungsstrukturen die institutionell-politische Einbettung. „Die Entscheider im Gesundheitswesen haben das Belegarztwesen nicht auf dem Radar; Die negative Entwicklung vollzieht sich in Abwesenheit jeglicher Diskussion“, meint ergänzend Herr Dr. Jörg Koch, Aufsichtsratsvorsitzender der OcuNet Gruppe, leitender Arzt eines augenärztlichen Zentrums und Belegarzt in Münster.
Es mutet paradox an, dass die Auflösung von Sektorengrenzen in der berufspolitischen Diskussion eine hohe Priorität hat. Das Belegarztwesen, das die einzige langjährig etablierte Form der sektorenübergreifenden Versorgung ist, wird hingegen kaum wahrgenommen. Unter Qualitätsgesichtspunkten schneiden Belegärzte nicht schlechter ab. Gleichzeitig ist das Potential des Belegarztwesens unstrittig: Kontinuität des behandelnden Arztes über die Sektorengrenze hinweg, Erhalt der freien Arztwahl, Sicherung einer flächendeckenden stationären Versorgung und Andockstelle für ambulante Einrichtungen am Krankenhaus. Eine wissenschaftliche, gesundheitspolitische, gesundheitsökonomische und versorgungsbezogene Auseinandersetzung zum Belegarztwesen tut deshalb aus Sicht der Autorengruppe dringend Not.
1.) Hahn U, Schalkhäuser K, Neumann A, Mussinghoff P, Schmickler S. Fall-, Betten- und Arztzahlen in Haupt- und Belegabteilungen seit 2005 – Entwicklung und Einflussfaktoren für Entwicklung des Belegarztwesens. Gesundheitsökonomie und Qualitätsmanagement. 2015; ePub ahead (12.8.2015) DOI 10.1055/s-0035-1553142.
OcuNet in Zahlen und Fakten
Die OcuNet Gruppe ist ein Zusammenschluss von 19 augenchirurgischen Zentren mit deutschlandweit 300 Standorten und rund 500 unabhängigen Praxen. 15 % der Augenpatienten in Deutschland, die (ambulant und stationär) chirurgisch behandelt werden müssen, und rund 4,5 % der nicht-operativ zu behandelnden Patienten werden in einem OcuNet Zentrum versorgt. 35 % aller belegärztlichen Fälle entfielen 2014 auf ein OcuNet Zentrum.
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